Kunstreise 2019

Auf den Spuren von Kunst und Architektur

Bauhausreise des Schleswiger Kunstvereins

1.Tag: Anreise über Celle nach Lauchstädt

Gleich vorweg: Die Bauhaus-Tour des Schleswiger Kunstvereins  vom 3. Bis 7. Juni 2019 kam bei allen Mitreisenden sehr gut an – sowohl inhaltlich als auch organisatorisch und reisetechnisch. Schon während der Anreise nach dem Zielort Bad Lauchstädt gab es den ersten Besichtigungsstopp in Celle. Besondere Anziehungspunkte waren das Rathaus, die Stadtkirche und das Celler Glockenspiel. Es war uns sogar möglich, beim Klang der Glocken die fünf heraustretenden, aus Holz geschnitzten und historisch bedeutenden Celler Persönlichkeiten zu bewundern.

Im Rahmen einer abschließenden Stadtrundfahrt mit unserem Bus durch die Architekturmeile und den Blick auf die 1923 bis 1926 von Ottto Haesler entworfenen Siedlungen im Georgsgarten und dem Italienischen Garten  wurden wir das erste Mal mit dem  Schwerpunktthema unserer Reise „100 Jahre Bauhaus“ konfrontiert. In diesem Moment wurde uns verdeutlicht, dass neben Weimar und Dessau auch die Stadt Celle zu den bedeutenden Orten der Bauhaus-Geschichte gehört.

Beinahe mit einer Punktlandung erreichten wir gegen 18.00 Uhr das Kurpark Hotel in der Goethestadt Bad Lauchstädt, unser Domizil für die kommenden vier Nächte.

2. Tag: Nach Weimar zu den Anfängen des Bauhauses

Wer wie die Schleswiger Reisegruppe auch zu den Anfängen der Bauhausbewegung  reisen will, muss sich auf den Weg nach Weimar machen. Dort gründete der Avantgarde-Architekt Walter Gropius 1919 das Bauhaus, das in sich Kunsthochschule, Kunstgewerbeschule und Bauakademie vereinigte. Im selben Jahr wurde im Nationaltheater von Weimar die so genannte Weimarer Verfassung verabschiedet. Die Aufbruchstimmung nach Krieg und Revolution war allgegenwärtig.

Gemeinsames Ziel der gesamten Reisegruppe war anschließend das anlässlich des Gründungsjubiläums von der Klassik-Stiftung Weimar neu errichtete und gerade erst eröffnete Bauhaus-Museum am Stéphane-Hessel-Platz. Bei dem Gebäude handelt es sich um einen minimalistischen Kubus mit fünf Ebenen. Die Dauerausstellung trägt den selbstbewussten Titel „Das Bauhaus kommt aus Weimar“ und präsentiert rund 1000 Objekte aus der Frühzeit der berühmten Gestaltungsschule. Durch die verschiedenen Themenbereiche wie Neuer Mensch, Experiment, Neuer Alltag, Scheitern und Erbe des Bauhauses wird ein umfassender Einblick in das Phänomen Bauhaus gegeben.

Von der obersten Ausstellungsetage führt seitlich eine lange Treppe hinab ins Erdgeschoss. Wer diese „Himmelsleiter“ benutzt und durch ein schmales Fenster schaut, kann in der Ferne den Glockenturm des Denkmals auf dem Ettersberg erkennen, der an das Konzentrationslager Buchenwald erinnert. Der typografische Entwurf für den zynischen Spruch „Jedem das Seine“ war 1938 auf Befehl der SS von einem als Widerständler inhaftierten einstigen Bauhausschüler angefertigt worden. Zu diesem Zeitpunkt war das Bauhaus als Institution längst Geschichte. Die Idee aber lebt fort.

3. Tag:  Bauhaus, Meisterhäuser und das Wörlitzer Gartenreich

Am wohl heißesten Tag unserer Reise – die Temperaturen stiegen auf 36 Grad – fuhren wir in unserem gut gekühlten Bus in Richtung Dessau, um das vom Bauhaus-Gründer Walter Gropius entworfene Gebäude der berühmten Hochschule nach jahrelanger Renovierung sowie die  ebenfalls von ihm konzipierten Meisterhäuser zu besichtigen. Nach politischen Auseinandersetzungen war das 1919 in Weimar gegründete Bauhaus 1925 nach Dessau verlegt worden, wo ein freierer Geist herrschte. Dort wird jetzt nicht mehr in den verschiedenen Handwerken, in Kunst und Technik Unterricht erteilt. Es werden auch keine experimentellen Theaterstücke von Studenten mehr aufgeführt, sondern das gesamte Gebäudeensemble mit der “hängenden” Fensterfront vor den ehemaligen Ateliers und Werkstätten ist Sitz der Stiftung Bauhaus Dessau. Es hat also mehr einen musealen Charakter als den einer Ausbildungsstätte. Seit 2016 können sich aber Künstler aus aller Welt bei der Stiftung bewerben, um ins Bauhaus Residenz-Programm aufgenommen zu werden. In dem ehemaligen Studenten-Wohntrakt kann man sich außerdem einmieten.

Wegen der klaren Formensprache ebenso avantgardistisch wirken bis heute die 1926 erbauten Meisterhäuser, in denen die ehemaligen Werkstattleiter, Meister genannt, lebten. In dem ehemaligen Doppelhaus von Georg Muche und Oskar Schlemmer  wohnen und arbeiten die von der Stiftung ausgewählten Residenten. Die Wohnhäuser muten mit ihren offenen Küchen, den großen Fensterfronten und den geräumigen Terrassen bis heute  ausgesprochen modern an. Innen bestechen sie durch teilweise farbige Wände in den Grundfarben rot, blau und gelb. 

Von dort ging die Fahrt weiter zu den nahe gelegenen Wörlitzer Parkanlagen, die von dem Fürsten Franz von Anhalt Dessau (1740-1817) während seiner 60 jährigen Regentschaft im Geiste der Aufklärung angelegt worden waren. Goethe beschrieb sie als “Elysische Felder” und fühlte sich als Gast dort “wie im Märchen”. 

Nachdem der junge Fürst, begleitet von seinem Freund und späteren Architekten und Landschaftsgärtner Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff,  von der damals für Adelige obligatorischen “Grand Tour”, einer Bildungsreise nach Italien, Frankreich und England zurückgekehrt war, begann die Umgestaltung der Elbauen zum ersten Landschaftsgarten auf dem Kontinent. Im Gegensatz zu Barockgärten, deren Wege und Wasserläufe schnurgerade angelegt sind und die Hecken ebenso wie die Büsche sorgfältig in Form geschnitten sowie die Blumen in den Beeten in geometrischen Mustern gepflanzt werden – alles im Sinne der absolutistischen Staatsidee – gibt es in den in England kreierten Landschaftsgärten gewundene Wege und Bachläufe, Gruppen von ausgesuchten, durchaus auch exotischen Bäumen, Pavillons und Skulpturen.. Diese Art von Gärten ist Ausdruck der demokratischen Idee, die ja in England entwickelt worden ist und sich von dort in ganz Europa verbreitet hat.

Ein besonderer Höhepunkt war die Besichtigung des Schlosses mit den originalen Möbeln und wertvollen Tapeten, chinesischen Vasen, Wedgewood-Porzellan und Gemälden berühmter Künstler. Erdmannsdorff hatte sich bei diesem ersten klassizistischen Schloss in Europa von dem berühmten italienischen Renaissance-Architekten Andrea Palladio inspirieren lassen.

Da Fürst Franz keine Küchengerüche schätzte und außerdem einen Brand des Schlosses fürchtete, ließ er direkt daneben ein Küchengebäude errichten. Durch einen unterirdischen Gang wurde das Essen nach der Zubereitung ins Schloss getragen.

 4. Tag: Jena

In Jena erfuhren wir eine Menge über die „optische“ Vergangenheit der Lichtstadt und ihre Zeiss-Werke. Heute sind in der Stadt ca. 30.000 Studenten in unterschiedlichen Fakultäten eingeschrieben, wobei die Naturwissenschaften überwiegen. Ein Universitätsgebäudeteil beherbergte im Eingangsbereich griechische Götterfiguren.

Dann suchten wir den Abbe-Tempel auf. Der Innenraum überraschte mit vier großformatigen Arbeiter-Bronze-Reliefs in schwarzer Farbe. In der Mitte befindet sich die übergroße marmorne Herme (Pfeilerschaft mit aufgesetztem Kopf) des 1905 verstorbenen Wissenschaftlers und Industriellen Ernst Abbes. Ein würdiges Denkmal mit feierlicher Atmosphäre.

Anschließend führte uns der Bauhaus-Rundgang über Kopfsteinpflaster steil durch grüne Villenviertel zum Haus Auerbach, das 1924 von Walter Gropius und Adolf Meyer als privates Wohnhaus entworfen wurde.

Nach einem Kurzbesuch im Abbeanum, einem Lehr und Forschungsgebäude, sahen wir noch das Studentenhaus (Mensa) in vollem Betrieb, dann von außen das Zeiss-Planetarium (dienstältestes Planetarium der Welt), bevor uns unsere Führerin nach 2 Stunden Fußmarsch an dem Denkmal des Albertus Magnus vor der Friedrich Schiller Universität entließ.

5.Tag: Abreise mit Stopp in Quedlinburg (Lyonel Feininger)-

Quedlinburg ist eine Stadt an der Bode nördlich des Harzes im Landkreis Harz. 922 urkundlich zum ersten Mal erwähnt und 994 mit dem Stadtrecht versehen, war die Stadt vom 10. bis zum 12. Jahrhundert Sitz der Königspfalz. In der historischen Altstadt mit ihren kopfsteingepflasterten Straßen, verwinkelten Gassen und kleinen Plätzen befinden sich gut 2000 Fachwerkhäuser.

„Die Lyonel-Feininger-Galerie ist ein Museum und Ausstellungshaus für die Kunst des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart. Sie ist dem Werk Lyonel Feiningers gewidmet und verfügt mit der Sammlung des Bauhäuslers und Quedlinburgers Dr. jur. Hermann Klumpp, die sich als Dauerleihgabe in der Lyonel-Feininger-Galerie befindet, über einen der weltweit bedeutendsten Bestände an Druckgrafiken Feiningers. Zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen sowie einige Fotografien und Objekte von Feiningers Hand bereichern denBestand. Neben einer einmaligenAnzahl früher Gemälde gehören das »Selbstbildnis mit Tonpfeife« aus dem Jahr 1910 und das durch den Kubismus angeregte Hauptwerk »Vollersroda I« zur Sammlung. (Zitat aus dem Museumsführer)

Die netten Menschen, das fantastische  Wetter und die Kunst machten diese Reise zu einem schönen Erlebnis. Und… der Verein hat Zuwachs bekommen!!! Das bedeutet natürlich nur Gutes!                                     

Die Textvorlagen – sie wurden redaktionell bearbeitet – lieferten Jürgen Wind, Bernd Philipsen, Dr. Anke Carstens-Richter, Joachim Tschesch und Esther Goldschmidt.

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